Aufbrüche in ein neues Jahr

Impuls für die erste Woche im Neuen Jahr

Zu Beginn der Adventszeit habe ich im Dezember wieder einmal eine Amaryllis-Zwiebel in ein großes Glas gelegt. Dazu nur ein paar Tannenzweige als Stütze und eine kleine Lichterdraht, aber kein Wasser.  In den Wochen habe ich dann beobachten können, wie aus eigener Kraft ein kräftiger Spross aus der scheinbar trocknen Zwiebel hervorkam. Er schob sich langsam über den Rand der Vase und es bildete sich immer deutlicher eine Knospe heraus.

Eine Knospe bricht auf

Jetzt, in den Raunächten, zwischen der Heiligen Nacht und dem Fest Epiphanie (Erscheinung des Herrn) war es dann irgendwann soweit: die Knospe brach auf und die rote Blüte der Amaryllis tritt seither leuchtend in Erscheinung, wie ein Feuer in der Nacht.

Ich hatte das Aufblühen natürlich erwartet und es in den letzten Jahren auch schon einige Male beobachtet, aber ich finde es auch in diesem Jahr wieder erstaunlich und überraschend: Mitten Winter wächst aus einer unscheinbaren trocknen Zwiebel ein kräftiger Stängel und entfaltet eine feuerrote Blüte wie ein leuchtender Stern – wunderbar!

Aufbrüche in der Weihnachtsgeschichte

In diesen nachweihnachtlichen Tagen ist in den biblischen Erzählungen auch von Aufbrüchen die Rede: Da sind die drei Könige, weise Männer, Magier, wie es heißt, die aufgebrochen sind, um dem Stern folgend zu suchen, was Sie errechnet hatten.  Was sie finden ist das Kind, das göttliche Kind, das sie so anrührt, dass sie das Kostbarste geben, das sie haben: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Die biblische Geschichte erzählt auch davon, dass Josef und Maria aufbrechen. Sie machen sich auf die Flucht vor Herodes, der nicht zum Kind aufbricht, sondern sein Herz aus Angst und Konkurrenz vor ihm verschließt, ihm nach dem Leben trachtet und als unerlöster Tyrann zum Unheil wird. Solche Menschen gibt es bis in die Gegenwart, die Angst sitzt tief, Aufbruch ist unmöglich. Das kennen wir, das kenne ich.

Aufbruchstimmungen

Aber dann gibt es auch diese Aufbruchsstimmung, diese Sehnsucht nach dem Neuen gerade am Beginn des neuen Jahres. Wenn ich Freunden und Verwandten ein gutes Neues Jahr wünsche oder noch einmal die Weihnachtsgrüße lese, nehme ich die Zuversicht wahr, dass das Neue Jahr ein Besseres werde, als das Vergangene: das wir wieder zusammenkommen können, leibhaftig, uns die Hände reichen können und uns in die Arme nehmen werden, unsere Herzen öffnen für Andere. Wir konnten ja Vieles lernen in der Krise. Die Hoffnung ist da und ich teile sie mit Menschen, die mir am Herzen liegen. Das ermutigt mich.

So breche ich in das neue Jahr auf, getrost und ermutigt, trotz allem, was noch dunkel ist, denn ich habe von dem Kind gehört, dass auch für mich geboren ist und ich habe den Stern gesehen, eine leuchtend rote Blüte aufgebrochen aus einer äußerlich trocknen Zwiebel, mitten im Winter. Verwandlung ist möglich!

In meinem Adventskalender* finde ich dieser Tage einen Text von Lothar Zenetti, der mir zum Lied des Aufbruchs wird:

An einem dieser Tage, die kommen,
wird etwas geschehen, das du nicht kennst,
noch nicht, und auch nicht verstehst, etwas,
von dem du nur träumst, was du erwartest,
so wie ein Wunder. Es wird etwas sein,
auf dass du nicht wartest, nein, das du suchst,
und weißt auch nicht zu sagen, wonach, und
du suchst es auch nicht, sondern findest,
und nicht einmal das, es findet ja dich,
dieses Lächeln, von dem du gefunden wirst,
an einer der Tage, die kommen.

Dir, lieber Leser, liebe Leserin, wünsche ich an allen Tagen, die im Neuen Jahr kommen, immer wieder dieses Lächeln, dass dich findet und dich aufbrechen lässt für das Neue im Leben.

Christian Kindler

 

*Lothar Zennetti: "Ankündigung" aus: ders.: Siebe Farben hat das Licht. Grünewald-Verlag 2006 . Zitiert aus: Fülle. Schätze aus 25 Jahre Der Andere Advent. www.anderezeiten.de

Einfach Weihnachten

„Stille Nacht…“
off-line
nur ein Licht im Dunkel

Einmal nicht das Konsumrauschen
nicht die wachsenden online-Fluten
kein Lichtermeer

Locker lassen
nur ein wenig Vorbereitung
kein Stress

Bei mir daheim
mit jemandem, der meine Nähe braucht
offen für den göttlichen Geist

„… heilige Nacht“
Gott vertrauen und
dem was wird

Denn Gott ist da
Mensch geworden
ein Kind
für uns alle

 

von Tilman Kugler

Impuls zum vierten Advent

Lockdown – but don’t lock your heart!

Manchmal passiert es: unerwartet trifft uns ein Satz oder ein Gedanke, der uns inspiriert und zu Herzen geht. Christian Kindler hat es erlebt, als er dieser Tage auf dem Weg zur Arbeit an einem geschlossenen Kino vorbei kam: Lockdown – but don’t lock your heart!
 

Wenn ich in diesen Wochen mit dem Rad ins Büro fahre, führt mein Weg durch die Stuttgarter Innenstadt auch am Kino in der Tübinger Straße vorbei. Das Kino ist wegen Corona schon länger geschlossen. Lockdown - im ursprünglichen Sinne des Wortes eine Ausgangssperre oder auch eine Absperrung – ist das Gebot der Stunde noch über die Weihnachtsfeier hinaus und bis ins Neue Jahr hinein. Die Leute haben noch schnell das Nötigste besorgt (was das Nötigste in diesen Tagen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander), und nun ziehen wir uns in den privaten Raum zurück. Lockdown – wir müssen auf Abstand zu gehen. Viele, ja, die allermeisten bleiben zu Hause, im kleinen Kreis, bei sich. Lockdown – Absperrung auch über Weihnachten.

Lockdown – but don’t lock your heart.

Das geschlossene Kino hat mir in dieser Situation,  quasi im Vorbeifahren, eine wichtige Botschaft in die vierte Adventswoche und in die Weihnachtstage mit auf den Weg gegeben: Lockdown – klar, auch ich muss in den nächsten Wochen meine Kontakte nach außen „herunterfahren“. Aber bei aller Absperrung und allem Abstand soll und will ich mein Herz nicht verschließen. Gerade die kommenden Weihnachtsfeiertage verstehe ich als Einladung, mich, mein Innerstes – mein Herz – zu öffnen und offen zu halten, damit ich erfahren kann, was da im Kommen ist:  klein und leicht zu übersehen in den äußeren Sorgen um das, was wir alles noch für Weihnachten brauchen und jetzt nicht mehr einkaufen können – Lockdown.

Don’t lock your heart!
Mir fiel dazu ein Satz des Mystikers Angelus Silesius ein:

„Würde Gott in Bethlehem auch tausendfach geboren,
und nicht einmal in dir selbst, du wärest immerdar verloren“

So verstehe ich den Advent auch als einen Weg zu mir selbst, zu meinem Innersten, zu meinem Herzen, das an Weihnachten zur Krippe werden soll, in die Gott menschlich hineingeboren werden kann. Gott ist auf dem Weg in unsere Herzen, weil er dort geboren werden will. Anselm Grün formuliert es einmal so: „Die Krippe ist in mir, – dieser innere Raum der Stille. Der Weg zu diesem inneren Raum geht durch das Chaos hindurch, durch meinen Ärger, meine Angst, meine Depression, durch das Chaos der eigenen Gefühle, also nur durch meine Wahrheit hindurch und nicht an ihr vorbei. Mitten im Chaos gibt es einen neuen Anfang.“ (zitiert nach Mühlstedt in: www.katholische-hörfunkarbeit.de)

Damit Gott in mir geboren werden kann, damit Neues ins Leben kommen kann, erscheint mir der Impuls des Kinobetreibers absolut passend in dieser Zeit: Lockdown – ja, das ist leider notwendig,  auch aus Solidarität mit allen, die von Covid-19 betroffen sind. Aber der Lockdown im Äußeren soll gerade nicht zu einer Absperrung im Inneren führen,  ganz im Gegenteil! Das scheint mir auch für uns Männer eine gute Anregung zu sein: öffne dein Herz…  gerade jetzt! Dabei geht es nicht um „Gefühlsduselei“, sondern darum wahrzunehmen, was mich im Inneren bewegt: Ängste, Wut, Trauer, aber auch Freude und Hoffnung.
So hat mich dieser Tage auf meinem Weg der Satz über dem Kino angesprochen. Ich hielt an und einem spontanen Impuls folgend, habe ich ein Foto gemacht. Das wird das Motiv für meine Adventspost in diesem Jahr.

Auf, auf, ihr Herzen, werdet licht

Am diesem Sonntag ist schon der vierter Advent. Im Gottesdienst und im kleinen Kreis der Familie werden wir die vierte Kerze entzünden und singen. Diesmal werde ich besonders bei der vierten Strophe hineinspüren, auf die Gefühle in meinem Herzen. Da geht es auch um Mitgefühl.

Wir sagen euch an den lieben Advent / Sehet, die vierte Kerze brennt

Gott selber wird kommen, er zögert nicht/ Auf, auf, ihr Herzen, werdet licht

Freut euch, ihr Christen! Freuet euch sehr/ Schon ist nahe der Herr

Impuls zur dritten Adventwoche

„Hey Mann, wie geht’s Dir?“

Mit dieser Frage – tausendmal gehört und tausendmal gestellt – könnte es anfangen. Und dann?
Erst mal: Innehalten…
Nicht gleich antworten. Sondern – ehrlich – spüren, hinhören...

Ein Impuls von Tilman Kugler

Wie geht es Dir?

Was sagt mein Körper? Was sagt mein Herz, meine Seele? Und was kommt mir an Gedanken in den Sinn, wenn ich diese Frage höre: Wie geht es Dir?

Zu oft gehen wir Männer über die Frage „Wie geht es Dir?“ schnell hinweg, wenn sie uns jemand stellt. Ist es die Angst, dass nicht „alles im grünen Bereich“, dass da manches nicht „soweit ganz o.k.“ ist?

Und warum macht uns das Angst? Wieso geben wir nicht gerne zu, dass es uns nicht gut geht? Was drängt uns dazu, fit zu sein, gut drauf und nicht zu „schwächeln“.

Klar, die Sozialisation! Ein richtiger Junge weint doch nicht. Und ein Indianer kennt keinen Schmerz. Hängen wir immer noch im letzten Jahrhundert fest? In einer Zeit, in der Männer, zumindest in Deutschland, lernten „hart wie Krupp-Stahl und zäh wie Leder und flink wie ein Windhund“ zu sein? Und was ist, wenn wir uns weich fühlen, verletzlich, und nicht mithalten können? Verbergen wir das lieber vor anderen?

Ja. Leider. Noch viel zu oft. Und was lernen dann die Jungs von uns? Eben …

Am 10. Dezember war der „Tag der ungleichen Lebenserwartung“. Wenn man die derzeitige durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen mit einem Jahr gleichsetzt, sterben Männer am 10. Dezember, nach 344 Tagen.

Mehr dazu findest Du hier:
https://www.tag-der-ungleichen-lebenserwartung.de/startseite.html

Kehren wir nochmal zurück zur Ausgangsfrage: Wie geht es Dir?

Wenn ich ehrlich bin, geht es mir in diesen Tagen manchmal auch nicht gut.
Was mir bei der Arbeit Freude macht, Vorträge, Gespräche, Arbeit mit Gruppen und in Teams, mit Männern und Frauen aus Fleisch und Blut, mit Ideen, Emotionen, Stimmungen und vielen Facetten menschlicher Präsenz und Kommunikation, fehlt mir zur Zeit sehr. Und damit fehlt mir irgendwie auch der Schwung, die Energie in meinem Tun. Im Privatleben, mit Kindern, Enkeln, Freunden und Freundinnen ist es so ähnlich. Vieles läuft auf Sparflamme. Auch die Ortsgruppe meiner Partei, eigentlich ein diskussionslustiger, lebendiger Haufen, wird auf dem Bildschirm irgendwie steril, un-sinnlich und ein bisschen müde. Und viele Kontakte, die sich im Alltag en passant ohne große Mühe ergaben, muss ich jetzt extra einfädeln, mit Telefon, messenger-Diensten, Video-Plattformen oder schriftlich. Das ist manchmal einfach mühsam.

Es fehlt mir die Geselligkeit, das belebende, menschliche und soziale Miteinander face to face! Augen, die mich anschauen und nicht einen Bildschirm. Und umgekehrt. Bewegungen, Gesten, Zwischentöne, Stimmungen – das alles sind Dinge die online großenteils auf der Strecke bleiben.

Eine Durststrecke

Ein bisschen ist es, wie wenn es mir am Dünger, an sozialen Nährstoffen fehlt, weil wir – aus guten Gründen, die ich akzeptiere! – so sehr auf Abstand leben müssen. Und das wohl noch eine ganze Weile.

Es ist definitiv eine Durststrecke, die wir derzeit alle miteinander gehen. Auch wenn die Krise uns unterschiedlich hart trifft. Und vielleicht können wir der Durststrecke, im Rahmen dessen, was in unserem Einflussbereich liegt, auch einen Sinn geben.

Worauf warten wir in diesem Advent? Auf ein „Alle-Jahre-wieder?“

Besser nicht.

Vielleicht nimmst Du die Frage „Wie geht’s Dir?“ einfach mal mit auf eine kleine Wanderung. Schau, fühl in Dich hinein, was Du körperlich spürst? Und welche Gefühle und Stimmungen stellen sich bei dieser Frage ein? Lass es einfach mal gelten, für den Moment. Nur für heute.

Die winterliche Natur, das Karge, die Kälte, das Unwirtliche, bietet uns einen guten Spiegel für unser Inneres. Und die Ruhe der winterlichen Brachzeit kann uns anleiten, auch bei Schwerem zu verweilen.

Dieser Advent lädt uns ausdrücklich dazu ein, uns selbst zu begegnen. Und dazu gehören selbstverständlich (und doch gerne verdrängt) unsere Schattenseiten, unser Unwohlsein, unser Unbehagen, unsere Traurigkeiten. Lassen wir ihnen Raum! Schauen wir sie uns ehrlich an – im  adventlichen Vertrauen, dass Gott Mensch wird, auch in unserem (Sau-)Stall, in unseren Schmerzen, in unserer Verletzlichkeit.

Impuls zum zweiten Advent:

Nikolaus – ein männlicher Archetypus 

Alle Jahre wieder schlüpft Christian Kindler in die Rolle des Bischof Nikolaus und besucht Kindergärten in seiner Gemeinde. Im Rollen-Spiel mit Kindern entdeckt er in Nikolaus die vier männlichen Archetypen vereint. Der legendäre Bischof wird zu einem Rollen-Model, das auch die fürsorglichen Seiten des Mannseins integriert. Ein Impuls für die Adventszeit: „…So nehmet Euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan!“

Eine Erfahrung von Christian Kindler

Wie schon in den letzten Jahren, schlüpfe ich auch in diesem Jahr um den 6. Dezember wieder in die Rolle des Bischofs von Myra und besuche - wo es coronabedingt möglich ist - Kindergärten in unserer Stadt. „Sei gegrüßt, lieber Nikolaus“ singen die Kinder gerne, manchmal haben sie auch ein Spiel „für den Nikolaus“ vorbereitet. Wichtig ist aber vor allem die Begegnung, das Gespräch mit dem Nikolaus und eine Legende aus seinem Leben. In diesem Jahr ist mir im Nikolaus-Spiel mit den Kindern ein Gedanke wichtig geworden: Nikolaus zeigt mir ein Bild vom Mannsein, das mehr beinhaltet als den netten Geschenke-Onkel.

Nikolaus oder Weihnachtsmann?

Bei den Kindern steige ich gerne mit der Frage ein, woran sie denn den Bischof Nikolaus erkennen können. Es gibt ja ein paar deutliche Unterschiede zum bekannten „Weihnachtsmann“, der eigentlich ein säkularisierter Vetter des „Santa Claus“ ist. Ich trage als Nikolaus natürlich ein Bischofsgewand und keinen roten Mantel. 

  • Die Mitra mit dem Kreuz ist meist das erste Erkennungszeichen, das die Kinder benennen. Die Mitra – so deute ich es dann - zeigt nach oben, weist über die Person hinaus auf Gott hin. Nikolaus steht damit archetypisch für den Magier, der weiß, dass es eine größere Wirklichkeit gibt, die ihn trägt.
  • Dann das Kreuzsymbol: Die Kinder wissen, dass dies ein Zeichen für Jesus ist. Nikolaus trägt es aus Holz an einer Schnur auf seiner Brust. Es liegt ihm am Herzen, ist Zeichen seiner Verbundenheit mit Jesus und seiner Leidenschaft für den, der sein Leben mit den Menschen teilt. Darin verkörpert Nikolaus den Archetypus des Liebhabers. Nikolaus ist – wie Jesus - ein Liebhaber des Lebens und der Freude.
  • Als Bischof trägt Nikolaus außerdem eine goldene Stola und einen verzierten Mantel. Sie sind Zeichen seiner Autorität und Würde, das spüren die Kinder, wenn „der Nikolaus“ in ihren Kreis tritt, und sie hören es in der Geschichte: die Menschen seiner Zeit schauen auf ihn, Nikolaus setzt sich für die Menschen ein.  In der Legende bewegt er den Kapitän des Kornschiffs dazu, seine Ladung mit den hungernden Menschen zu teilen. So spendet Nikolaus Segen in Myra. Als Nikolaus segne auch ich die Kinder, und natürlich teile ich als Nikolaus auch kleine, süße Gaben aus. So wird im Spiel etwas von der königlichen Energie spürbar: die Freude ist stärker als die Furcht vor dem Nikolaus.
  • Schließlich hat der Nikolaus einen Stab in der Hand, den Bischofstab. Ursprünglich ist der Stab ein Hilfsmittel des Hirten. Er gebrauchte ihn, um den Schafen aus der Klemme zu helfen – dazu dient die gebogenen Spitze – und um ihnen den Weg freizumachen. Der Stab ist aber auch eine wirksame Waffe gegen wilde Tiere oder Eindringlinge. Mit dem Stab markiert und verteidigt der Hirte – und im übertragenen Sinne auch Nikolaus als Bischof - die Grenzen seiner Herde/Gemeinde. So verkörpert Nikolaus schließlich auch den archetypischen Krieger, der Verantwortung für die Seinen übernimmt und der in der Not mutig für sie eintritt.

Amt und Würde nicht missbrauchen

Wenn ich den Bischof Nikolaus spiele, wird er für mich zu einem Typus, in dem alle männlichen Energien integriert sind. Gleichzeitig wird er aber auch zu einer Herausforderung, die fürsorgliche Anteile bei mir in eine gute Balance zu bringen. Ich weiß wohl, dass die Archetypen auch ihre Schattenseiten haben und dass jede gute Energie schnell kippen kann, wenn sie sich mit „Amt und Würden“ verbindet. Die Versuchung, Macht und Ansehen zu missbrauchen, sich selbst in den Mittelpunkt stellen, ist immer da. Doch Nikolaus – das erlebe ich im Spiel leibhaftig - steht den Kindern bei. Er ist kein autoritärer Pädagoge und nicht Richter über gutes oder tadelwürdiges Verhalten. Nikolaus bringt keine Drohbotschaft, sondern eine Frohbotschaft: Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr!

Nikolaus zeigt mir die männlich-fürsorgliche Seite

Mir ist wichtig, auch im Rollenspiel die Kinder ernst zu nehmen. Deshalb gaukle ich nicht vor, ich sei „der echte Nikolaus“. Ich zeige mich mit meinem Gesicht, maskiere mich nicht mit einem Rauschebart. In einem Kindergarten verwandle ich mich sogar vor den Augen der Kinder von Herrn Kindler in den Bischof Nikolaus. Für die Kinder ist das kein Problem, sie haben Erfahrungen mit Rollenspielen, und mir geht es dabei um Respekt und Ehrlichkeit.

Für mich persönlich ist das Nikolaus-Spiel mit den Kindern Jahr für Jahr ein Anlass, meine Spielräume als Mann und Vater auszuloten. Nikolaus zeigt mir einen fürsorglichen, bedürfnisorientierten, menschlichen Mann, dem das Wohl der Kinder am Herzen liegt, der bedingungslos den Kindern beisteht und der ein Zeugnis der Hoffnung, des Vertrauens und des Glaubens gibt. Das ist eine Rolle, die auch mir als Mann und Vater gut ansteht. Es ist zudem eine Herausforderung gerade jetzt in der Adventszeit, in der wir zur zweiten Kerze wieder singen: „So nehmet euch eins um das andere an, Wie euch der Herr an uns getan.“
 

Denkanstöße zum ersten Advent

Bleibt alles anders? 

Die Gefahr der Ansteckung mit Covid 19 bleibt leider da, wo wir Menschen uns nahe kommen, weiterhin hoch. Viele Kontaktbeschränkungen bleiben bestehen. Geselliges und gesellschaftliches Leben ist nur in kleinen Kreisen oder online möglich. Allein bleiben ist angesagt. 

Ein Impuls von Tilman Kugler

Die Anderszeit geht weiter. Was mit einer unerwartet strengen Fastenzeit im März begonnen hat, über den Sommer zwischenzeitlich etwas freier und lockerer wurde, ist mit dem November teilweise wieder enger geworden und wird uns jetzt auch durch den Winter begleiten.

Wir werden auf viele nahen Kontakte, Feiern, Genüsse in Gemeinschaft mit Freunden, Kollegen und Bekannten und auf viel soziales Leben weiter verzichten müssen.

„‘s isch wie’s isch!“ – ist der Reim, den sich Schwaben darauf machen.

Und der Advent lädt uns auch dazu sein, das Leben anzunehmen, wie es ist. Die Zeichen der Jahres-Zeit sind:

Innehalten - hin und wieder aus dem Funktionieren aussteigen - still werden und Stille einkehren lassen in mein Leben - Rückzug und Regeneration - Winter…

Die Natur macht es uns vor. Die meisten Blätter sind von Bäumen und Sträuchern gefallen. Die Früchte sind geerntet. Felder liegen brach. Beim Wandern ist die Ruhe, auch die Trauer um Vergangenes, spürbar. Dunkelheit macht sich schon am frühen Abend breit. Und es tut meiner Seele gut, all diese Resonanzen wahrzunehmen. Beim Gehen draußen und bei der Rückkehr in eine stille Wohnung. Auch Melancholie ist da und die ungestillte Sehnsucht nach geselliger Fröhlichkeit, unbeschwertem Miteinander, die dieses Jahr nicht sein sollen.

Es ist, wie es ist. Und kann einen Sinn bekommen, wenn ich ihm einen gebe.

Neues mag beginnen. Nicht mit Pauken und Trompeten – sondern mit einer Kerze, einem einzelnen Licht im Dunkeln. Was will da werden, anders werden in unserer Welt?

Lasst uns – auch gemeinsam – innehalten.

Hinhören, lauschen… und, wie es Hilde Domin beschreibt:

„nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten“

… und darüber ins Gespräch kommen, was da beginnen möchte. Mit Deinem Partner, Deiner Partnerin. Mit einem Freund. Einer Kollegin. Mit den Kindern und Enkeln. Den Nachbarn und den –vielleicht auch einsamen – Menschen an der Bushaltestelle.

… und behutsam schauen, was wird und was wächst, auf Weihnachten zu.

Liebe Freunde der Männerarbeit, dieser Advent lädt uns vielleicht mehr als alle anderen der letzten Jahre zu Stille, zur Meditation ein, zum Nachdenken, Nachspüren, was da grade los ist in unserem Leben. Die „Rosen im Dornwald“, die „Wurzel Jesse, die neu austreibt“, „Wasser in der Wüste“, sind adventliche Bilder, die von unerwartetem Wachstum, Kraft und Neu-Werden erzählen. Bilder des Vertrauens in das Leben an die wir in diesen Tagen gut anknüpfen können.