Fragen und Antworten zum Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen

Warum engagiert sich die Diözese Rottenburg-Stuttgart in der Flüchtlingshilfe?

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart versteht sich ‑ inspiriert durch das Vorbild ihres Diözesanpatrons, des Hl. Martin von Tours ‑ als diakonische Kirche. Daher steht eine Ethik und Spiritualität des Teilens im Zentrum ihrer Pastoral und ihrer Caritas. Dieses Selbstverständnis findet in der Sorge um geflüchtete Menschen einen besonderen Schwerpunkt. Das steht im Einklang mit den Leitsätzen des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge, herausgegebenen von der Deutschen Bischofskonferenz. Dort heißt es:

„Die Fürsorge für Flüchtlinge und Migranten gehört zum Selbstverständnis der Kirche. Unsere christliche Identität tritt gerade dann besonders deutlich zutage, wenn jede Person, die in unserem Land Zuflucht sucht, menschenwürdig behandelt wird.“[1]

Der Papst bekräftigt das in seiner Botschaft zum Welttag des Migranten und Flüchtlings 2018:

„Der Herr vertraut der mütterlichen Liebe der Kirche jeden Menschen an, der gezwungen ist, die eigene Heimat auf der Suche nach einer besseren Zukunft zu verlassen. Diese Fürsorge muss konkreten Ausdruck in jedem Abschnitt der Erfahrung der Flüchtlinge finden: von der Abfahrt bis zur Reise, von der Ankunft bis zur Rückkehr. Es ist eine große Verantwortung, die die Kirche mit allen Glaubenden und Menschen guten Willens teilen möchte, die gerufen sind, auf die zahlreichen durch die gegenwärtigen Flüchtlingsbewegungen hervorgerufenen Herausforderungen mit Großzügigkeit, Engagement, Klugheit und Weitblick zu antworten, jeder freilich gemäß den eigenen Möglichkeiten.“[2]

Eine Ethik und Spiritualität des Teilens konkretisiert sich darin, „dass mit Frauen und Männern, Kindern und Greisen, die aus ihrer angestammten Heimat fliehen mussten, Wohnraum und Zeit, materielle Güter und unterschiedlichste Fähigkeiten, Leben und Glauben geteilt werden.“[3] Das Teilen wird dabei unabhängig von der Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder des Alters der geflüchteten Menschen praktiziert.

Das langfristige Ziel jeglichen Engagements der Diözese Rottenburg-Stuttgart in der Flüchtlingshilfe ist eine von Menschenwürde, wechselseitigem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung getragene Integration der Geflüchteten in die verschiedenen Bereiche von Gesellschaft und Kirche. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart versteht Integration als einen vielschichten und vor allem wechselseitigen Prozess, der Zuwanderer und Aufnahmegesellschaft gleichermaßen herausfordert. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart sieht sich dabei geleitet von dem Gedanken, dass jeder Mensch ein Recht auf Teilhabe in der Gesellschaft hat und zugleich die Verantwortung an der gelingenden Gestaltung mitzuwirken. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart versteht daher die Ermöglichung von Teilhabe (in all ihrer Komplexität) als leitende Vision ihres Engagements.

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Diözesanrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Herbst 2013 beschlossen, einen Teil des Jahresüberschusses des Diözesanhaushaltes für Flüchtlingshilfe zu verwenden. Die Mittel werden je hälftig für die Flüchtlingsarbeit in der Diözese sowie für die Arbeit in den Herkunftsländern der Flüchtlinge verwendet. In den darauffolgenden Jahren wurde der Fonds durch weitere Zuwendungen aus den Jahresüberschüssen aufgestockt.

[1] DBK | Leitsätze des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge | Arbeitshilfe Nr. 282 | S. 4.

[2] Papst Franziskus | Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2018.

[3] Bericht des Prozessteams: „Ihr seid nicht mehr Fremde“ | IX-X.

Warum bedient sich der Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfe eines Förderverfahrens bei der Vergabe der Fördermittel? Welchen Vorteil bietet ein Förderverfahren gegenüber anderen Finanzierungsmodellen?

Durch ein transparentes und zentrales Förderverfahren:

  • wird sichergestellt, dass Flüchtlingshilfe im Einklang mit den Grundsätzen der Diözese Rottenburg-Stuttgart stattfindet und sich an den genannten Leitlinien und Dokumenten orientiert.

  • wird sichergestellt, dass die Flüchtlingshilfe in ihrer ganzen Komplexität gesehen wird.

  • wird eine Übersicht aller Projekte und Initiativen, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, geschaffen.

  • werden innovative und bewährte Ansätze anderen Trägern zur Verfügung gestellt und somit gegenseitiges Lernen gefördert.

  • wird sichergestellt, dass notwendige Vernetzung extern wie intern geschieht.

  • wird die Entwicklung lernender Organisationen gefördert.

  • wird das Bemühen um eine nachhaltige Finanzierung gefördert.

Nach welchen Grundsätzen orientiert sich die Diözese Rottenburg-Stuttgart bei der Förderung der Flüchtlingshilfe?

1. Gefördert wird im Einklang mit den Leitlinien der DRS.

Hilfe wird gewährt unabhängig von der Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder des Alters der geflüchteten und hilfesuchenden Menschen. Langfristiges Ziel ist die Förderung der Integration geflüchteter Menschen in Gesellschaft und Kirche und die Ermöglichung der Partizipation in allen gesellschaftlichen Bereichen. Damit das gelingt müssen prekäre Lebenssituationen überwunden und Perspektiven geschaffen werden. Einen wichtigen Beitrag leistet die haupt- und ehrenamtliche Arbeit mit geflüchteten Menschen.

2. Gefördert wird die Entwicklung einer Gesamtkonzeption und lernorientiere Weiterentwicklung.

Die Flüchtlingshilfe ist ein komplexer Hilfebereich. Damit sie in all ihren Facetten wahrgenommen und ihre Ziele langfristig sowie nachhaltig umgesetzt werden, ist die Erarbeitung und Reflexion einer Konzeption des einzelnen Projekts sowie die Einbindung dessen in eine Gesamtkonzeption des Trägers unersetzlich. Eine regelmäßige Überprüfung der Konzeption, der darin enthaltenen Ziele und Zielerreichung muss in einem Verfahren sichergestellt werden.

 

Kriterien für eine Gesamtkonzeption

  • sie muss Ziele benennen und die angestrebte Zustandsänderung beschreiben.

  • sie muss zeigen, wie sich das Feld der Flüchtlingshilfe in der Gesamtstrategie des Trägers verortet.

  • Vernetzung nach innen: sie zeigt, auf welche Art und Weise, auf welchen Ebenen und mit welchen anderen Bereichen Vernetzung im Träger stattfindet.

  • Vernetzung nach außen: sie zeigt, auf welche Art und Weise, auf welchen Ebenen und mit welchen anderen Akteuren in der Flüchtlingsarbeit eine verbindliche Kooperation nach außen stattfindet.

  • Partizipation nach innen: sie zeigt, wie die Zielgruppe der Geflüchteten, aus einer anfänglichen Sondergruppe, in den Regelbetrieb des Trägers integriert wird.

  • Partizipation nach außen: sie zeigt, wie die Zielgruppe der Geflüchteten zu einer Teilhabe an der Gesellschaft befähigt wird.

3. Gefördert wird Vielfalt in der Umsetzung.

Um die Lebenswirklichkeit und die Praxis unter den unterschiedlichen Voraussetzungen abzubilden, wird eine Vielfalt in der Umsetzung gefördert.

4. Gefördert wird Vernetzung.

Flüchtlingshilfe ist ein komplexer Hilfebereich. Wird diese Komplexität wahrgenommen zeigt sich das in guter und vielfältiger Vernetzung innerhalb des Trägers und mit anderen Akteuren in der Flüchtlingshilfe. Durch eine Vernetzung werden Synergien geschaffen und Doppel- und Mehrfachstrukturen vermieden.

5. Gefördert wird eine nachhaltige Finanzierung.

Projektträger sind angehalten, ihre Projekte, die durch die Projektförderung gefördert werden, in eine stabile und damit nachhaltige Finanzierung – zumindest in eine Form der Mischfinanzierung – überzuführen. Ebenso ist darauf zu achten, dass Projektkonzepte und Maßnahmen in größere Strukturen ein- und rückgebunden werden, um auch über die Projektlaufzeit hinaus ein Angebot sicherstellen zu können. Es ist von zentraler Bedeutung, andere Verantwortungsträger in sozialen Belangen, wie Politik und öffentliche Hand, ihre Verantwortung wahrnehmen zu lassen und sie in die Pflicht zu nehmen. Denn die Aufnahme, Begleitung und Integration von geflüchteten Menschen ist Anliegen und Aufgabe der ganzen Gesellschaft. Aus diesem Grund muss die Kirche hier auch die Übernahme (finanzieller) Verantwortung einfordern, um einen verantwortungsvollen Umgang mit den für die Flüchtlingshilfe bereitgestellten Kirchensteuermitteln sicherzustellen (vgl. die allgemeinen Bewilligungsrichtlinien für die Gewährung von Zuwendungen aus dem Diözesanhaushalt und dem Ausgleichsstock für die Kirchengemeinden vom 23. Januar 1973 (KABL 1973, S. 230 ff.)).

6. Gefördert wird eine langfristige Integration

Die langfristige Integration geflüchteter Menschen in alle gesellschaftlichen Bereiche und somit die Entwicklung nachhaltiger Konzepte bedarf eines Finanzierungsmodells, welches die Spannung zwischen Projektförderung und Regelförderung auflösen kann. Es ist daher Anliegen des Fonds durch die Einführung der Strukturförderung dafür eine Möglichkeit zu schaffen.

Für welche Maßnahmen kann ein Antrag gestellt werden?

Ein wesentliches Ziel des „Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen“ ist es, mittelbar die Förderung der hauptamtlichen wie ehrenamtlichen Arbeit mit Flüchtlingen sowie strukturelle Entwicklungen im Bereich Flüchtlingshilfen zu fördern.

Ein langfristiges Ziel ist die Förderung der Integration geflüchteter Menschen in alle gesellschaftlichen Bereiche und somit die Entwicklung nachhaltiger Konzepte und Strategien.

Ein weiterer Zweck des „Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen“ ist die Hilfe, die unmittelbar Menschen mit aktuellem Wohnsitz in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zu gute kommen soll. Menschen, die auf der Flucht vor Verfolgung jeglicher Art sind und sich in prekären Lebenssituationen befinden, sollen durch den „Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen“ unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Religion, nachrangig und nachhaltig unterstützt werden.

Dazu wenden Sie sich bitte an die Caritasberatungsstellen und Fachdienste vor Ort. Diese Hilfen können nur nachrangig gewährt werden und müssen durch Fachleute geprüft und beantragt werden. Privatpersonen können in diesem Bereich keine Anträge stellen.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte den Vergaberichtlinien.

Wer kann einen Antrag stellen? Was ist bei der Antragstellung zu beachten?

In der Regel werden kirchliche Träger in der Diözese Rottenburg-Stuttgart gefördert.

Die Anträge müssen auf dem vorgegebenen Formular bei der Hauptabteilung XI - Kirche und Gesellschaft eingereicht werden. Nur vollständig ausgefüllte und unterschriebene Antragsformulare können bearbeitet werden. Fehlende bzw. unvollständige Angaben erhöhen die Bearbeitungszeit.

Eine Antragstellung von Privatpersonen im Bereich Individualhilfen direkt an die Hauptabteilung XI - Kirche und Gesellschaft ist nicht möglich. Anträge können nur über eine vermittelnde Stelle (in der Regel ein Fachdienst oder eine Beratungsstelle der Caritas) eingereicht werden.

Die Mittel werden ausschließlich nachrangig gewährt.

Welche Förderbereiche gibt es?

1. Projekte

2. Strukturförderung

Dieser Förderbereich steht ausschließlich bereits geförderten Projekten offen, deren Projektlaufzeit zu Ende geht, die sich während der Projektlaufzeit bewährt und weiterentwickelt haben und deren Evaluierung vorliegt. Darüber hinaus handelt es sich um Projekte, die während ihrer Laufzeit einen Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen Struktur in der Flüchtlingshilfe in der Diözese Rottenburg-Stuttgart geleistet haben.

3. Individualhilfe und Einzelmaßnahmen

Eine Antragstellung von Privatpersonen im Bereich Individualhilfen direkt an die Hauptabteilung XI - Kirche und Gesellschaft ist nicht möglich. Anträge können nur über eine vermittelnde Stelle (in der Regel ein Fachdienst oder eine Beratungsstelle der Caritas) eingereicht werden.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte den Vergaberichtlinien.

Wie läuft das Verfahren ab?

Anträge auf Förderung durch den Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen können in den verschiedenen Förderbereichen (Projekte, Strukturförderung, Individualhilfe und Einzelmaßnahmen) bei der Geschäftsführung gestellt werden.

Die eingegangenen Anträge werden in der Geschäftsführung auf inhaltliche und formale Übereinstimmung mit den Richtlinien geprüft und bearbeitet. Anträge mit einer Antragssumme bis zu 10.000,00 Euro können von der Geschäftsführung entschieden werden. Anträge mit Antragssummen, die diese Grenze überschreiten, werden in einem Vergabegremium beraten und entschieden.

Anträge sind schriftlich zu stellen an:

Bischöfliches Ordinariat
Hauptabteilung XI – Kirche und Gesellschaft
Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen
Postfach 70 01 37
70571 Stuttgart

Die entsprechenden Formulare finden sich auf der Homepage der Hauptabteilung XI - Interkulturelles Sozialmanagement unter Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen.

Nur vollständig ausgefüllte und unterschriebene Antragsformulare können bearbeitet werden.

Welche Entscheidungen trifft das Vergabegremium?

Ein Vergabegremium entscheidet

  1. über Anträge mit einer Antragssumme ab 10.000,00 Euro,

  2. ob ein Projekt in die Strukturförderung übergeht,

  3. über die jährliche Verlängerung der Strukturförderung.

Wie setzt sich das Vergabegremium zusammen?

  • 1 Vertreter/-in des Finanzausschusses/Diözesanrat sowie
  • 1 weitere/r Vertreter/-in des Diözesanrates
  • 1 Vertreter/-in einer ökumenischen Einrichtung in der Flüchtlingshilfe
  • 1 Vertreter des Sprecherrates der ständigen Diakone
  • Fachreferent/-in für Interkulturelles Sozialmanagement, HA XI - Kirche und Gesellschaft (Geschäftsführung)
  • Hauptabteilungsleitung HA XI - Kirche und Gesellschaft (Vorsitz)