Mit Teilungen

Arbeitslos in Zeiten von Corona. Denkanstöße der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeitslosenpastoral

Juli 2021. Wir sind ein Zusammenschluss von Betriebs- und Arbeitslosenseelsorger*innen, Verantwortliche von Beschäftigungs- und Qualifizierungseinrichtungen, sowie von Sozialverbänden in 10 Diözesen. Wir arbeiten seit sehr vielen Jahren für und mit arbeitslosen Menschen - aus diesem Engagement heraus nehmen wir Stellung.

Corona hat Betriebe sehr unterschiedlich getroffen. Die einen sind Krisengewinner wie z.B. der Lebensmittelhandel, Onlinehändler, Drogeriemärkte usw. Einige haben flexibel ihre Produktpalette umgestellt, z.B. auf Schutzmasken. Zahlreiche Betriebe haben das Instrument Kurzarbeit genutzt und Arbeitsplätze gesichert. In Betrieben mit Betriebsrat und Gewerkschaft wurden oft gute Regelungen gefunden und negative Auswirkungen für die Beschäftigten gering gehalten. Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist trotzdem groß geblieben.

Die Pandemie zeigt die Fragilität des Arbeitsmarkts. Auf der Strecke bleiben vor allem jene, die es schon vor der Krise sehr schwer hatten. Viele arbeitslose Menschen und Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen zählen zu den Risikogruppen und lebten schon vor Corona unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums. Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien ist oft wegen mangelnder technischer Ausstattung keine adäquate Teilnahme an Onlineformaten möglich. Zu viele Jugendliche landen im sogenannten Übergangssystem, einem Maßnahmesystem, das für die Betroffenen meist nicht in Arbeit endet. Viele Betriebe haben sich während der Krise vom Ausbildungsmarkt zurückgezogen.

Weitere „Verlierer“ sind geringfügig Beschäftigte, Künstler*innen und Solounternehmer*innen, bei denen die Kurzarbeitsgeldregelung nicht greift. Vor allem Studierende und Rentner*innen sind auf zusätzliches Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung angewiesen, auch viele Frauen tragen dadurch zur Aufstockung des Haushaltseinkommens bei. Da in diesen Fällen kein Anspruch auf Kurzarbeitgeld besteht, bricht für viele Familien unverzichtbares Einkommen weg.

Wir sind um die Verlierer*innen der Krise sehr besorgt. Arbeit ist identitäts- und sinnstiftend und ein Schlüssel zu sozialer Gerechtigkeit. Mit Papst Franziskus, stimmen wir überein: „Es gibt keine schlimmere materielle Armut als die, sich das tägliche Brot nicht zu verdienen und der Würde der Arbeit beraubt zu sein.“ Wir sehen eine zunehmende Spaltung in Arm und Reich, in Hochqualifizierte und prekär Beschäftigte sowie arbeitslose Menschen. Die Entstehung von Parallelgesellschaften zeichnet sich ab.

Nach der Krise wird es wichtig, die Unterstützungsleistungen der Lebensrealität der Menschen anzupassen und für eine gute Betreuungsinfrastruktur zu sorgen. Schulungs- und Weitebildungsmaßnahmen müssen die Interessen und vor allem die Fähigkeiten der Teilnehmenden berücksichtigen – gerade auch im Hinblick auf die beschleunigte Digitalisierung in der Arbeitswelt. Wir fordern Bildungsgerechtigkeit und gleichwertige Zugangsvoraussetzungen für alle. Auf dem Ausbildungsmarkt müssen Angebote für alle Jugendlichen eröffnet werden (Ausbildungsgarantie und niedrigschwellige Ausbildungsformate für weniger leistungsfähige Jugendliche etc.), denn eine abgeschlossene Ausbildung ist die beste Prävention gegen Arbeitslosigkeit.

In unserer Anwaltsfunktion fordern wir von allen Entscheidungsträger*innen beherztes Handeln im Sinne der Betroffenen.

Verabschiedet von der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeitslosenpastoral am 1. Juli 2021

Mike Gallen München                          Angelika Fuchs Salzburg                  Hans Gilg Augsburg
Kristina Hamm  Herzogenrath           Martin Jahn Aalen                              Hans-Peter Mayer Stuttgart
Michael Ohlemüller Rüsselsheim      Berthold Santjer Erkrath                  Brüno Schumacher Darmstadt
Ludwig Stauner Aschaffenburg          Andrea Steyven Trier                        Petra Zehe Bamberg